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Rheinland 2017: Wir schaffen ein Klima der Gerechtigkeit – bunt, laut und queer

Klimagerechtigkeit ist auch eine Frage des Feminismus.

Wenn wir also im August mit tausenden Menschen im Rheinland Braunkohle-Infrastruktur blockieren, nehmen wir damit nicht nur den Kohleausstieg selbst in die Hand – wir errichten auf unseren Camps und in unseren Aktionen auch eine solidarische Gemeinschaft jenseits von Sexismus, binärer Geschlechtlichkeit und Heteronormativität.

Klimawandel: Ein Gerechtigkeitsproblem

Der Klimawandel macht deutlich, wohin uns die Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen zur Profitmaximierung führt. Wir wollen uns für eine gerechtere Zukunft einsetzen – und dafür müssen wir den Klimawandel stoppen, weil er die bestehenden Ungerechtigkeiten verschärft. Weltweit sind 70% der in Armut[1] lebenden Menschen Frauen*.[2] Unter Dürren, Überschwemmungen, Versalzung der Böden und anderen Folgen des Klimawandels leiden sie am meisten. Auch von Naturkatastrophen und in Situationen von Flucht und Migration sind Personen, die keine Cis[3]-Männer* sind, am meisten betroffen: Weil sie schlechteren Zugang zu Informationen haben, stärker von Hunger betroffen sind, weil sie Übergriffen ausgesetzt sind und weil die zusätzliche Sorgearbeit in Notsituationen an ihnen hängen bleibt. Zusammen mit Rassismus, sozialer Herkunft und Ableism[4] beeinflusst das Geschlecht die Chancen von Menschen, mit Folgen des Klimawandels umzugehen.

Die Verursacher des Klimawandels sitzen vor allem im globalen Norden. Einige wenige profitieren hier vom Reichtum, der sich auf Ausbeutung und Zerstörung gründet – und durch ihr Konsumverhalten und ihren Lebensstil heizen sie die Erderwärmung weiter an. Wir wollen diese Verhältnisse überwinden. Wir gehen dorthin, wo Klimawandel und zusätzliche Ungerechtigkeit produziert werden und stellen uns dagegen: Mit buntem, lautem und queerem Protest.

Kapitalismus und Patriarchat überwinden

Wir möchten dazu beizutragen, allen Menschen weltweit ein gutes Leben zu ermöglichen. Wir wollen das Wirtschaftssystem abschaffen, das die reproduktive Arbeit von Frauen* und Natur strukturell ausbeutet und reproduktive Sorgearbeit[5] dabei ebenso outsourct wie Klima- und Umweltschäden. Wir wollen patriarchale Eigentumsverhältnisse und Rollenbilder überwinden, die dafür sorgen, dass vor allem reiche Cis-Männer* auf Kosten aller anderen leben. Wir wollen Männlichkeitsmythen dekonstruieren, sodass Profitmaximierung und Um-die-Welt-Fliegen als imperiale Lebensweisen[6] erkannt und missbilligt, während reproduktive und emotionale Sorgearbeiten als Lebensgrundlage anerkannt werden. Wir wollen Formen des Zusammenlebens jenseits von „Kernfamilien“ mit „Alleinernährern“ schaffen. Und wir wollen umverteilen: Den Besitz ebenso wie die Aufgaben innerhalb der Gesellschaft.

Diesen Sommer kommen Menschen in Österreich, den Niederlanden, Tschechien, Belgien, Frankreich und an vielen anderen Orten zusammen, um gemeinsam Alternativen zu leben. Wir treffen uns dafür auf den Camps im Rheinland vom 19. bis 29. August.

Achtsames Miteinander

Feministische Kämpfe dienen uns als Inspiration und wir wollen die erkämpften Positionen gemeinsam mit Leben füllen. Auf den Camps wünschen wir uns deshalb eine bewusste und solidarische Aufgabenverteilung von Care-Arbeit. Cis-Männer* sind angehalten, ihr Verhalten auf Plena ebenso wie beim Geschirrspülen zu reflektieren. Wir wollen eine Atmosphäre schaffen, die vor allem FLTI*-Personen[7] ermutigt, sich in Diskussionen, beim Aufbau von Technik und Infrastruktur einzubringen. Ein Awareness-Team soll alle dabei unterstützen, dass Unwohlsein oder Belästigungen gar nicht erst aufkommen bzw. als Probleme thematisiert werden. Sexistisches, homo- oder trans*feindliches, rassistisches oder antisemitisches Verhalten wird nicht toleriert! FLTI*s, Women* of Color und LGBTQIA[8]-Aktivist*innen sollen sichere Rückzugsräume finden und Möglichkeiten für Empowerment durch Skill-Sharing, gegenseitiges Kennenlernen und Reflexion bekommen.

Unser Protest ist solidarisch mit allen, deren Lebensgrundlage durch den Klimawandel bedroht ist; solidarisch mit allen, die Widerstand leisten und dafür eingesperrt oder angeklagt werden, weil der Staat sich als Verteidiger der Industrieinteressen profiliert. Und wir sind solidarisch im Umgang miteinander in allen Aktionsformen – von Wissenstransfer, Infrastrukturarbeit, Sorgearbeit vor, in und nach den Aktionen bis zu Besetzungen und Blockaden.

Gemeinsam gefährlich

Wenn wir während der Aktionstage vom 24. bis 29. August in massenhaftem zivilen Ungehorsam Kohleinfrastruktur blockieren, soll das emanzipatorisches Potential für alle bieten. Auf den Camps wird es Aktionstrainings für FLTI*s geben. Die Massenaktion „Ende Gelände!“ bietet die Gelegenheit, in einem nach innen und außen hin explizit queerfeministischen Finger in Richtung Grube oder Schiene zu ziehen. Auch kreative Kleingruppenaktionen sind möglich. Wir wünschen uns verschiedene bunte, laute und queere Protestformen, bei denen sich alle stark fühlen!

Kommt im August ins Rheinland – lasst uns gemeinsam ein Klima der Gerechtigkeit schaffen!

 


1 als „arm“ gilt, wer weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag zur Verfügung hat.
2 * weist darauf hin, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt.
3 „Cis“ (diesseits) bezeichnet, dass eine Person in Übereinstimmung mit ihrem zugewiesenen Geschlecht lebt. (http://queer-at-school.de)
4 Die Beurteilung von Körper und Geist anhand von Fähigkeiten. Menschen mit “Behinderung” werden deshalb strukturell diskriminiert (www.behinderte-eltern.de)
5 auch Care-Arbeit: grundversorgende Tätigkeiten, die, anders als “Produktionsarbeit”, oft im Privaten stattfinden und schlecht oder gar nicht bezahlt werden. (http://www.gwi-boell.de)
6 Die anhaltende Ausbeutung von Mensch und Natur im Kapitalismus (Brand/Wissen 2017)
7 Frauen*, Lesben, Trans und Inter-Personen – bzw. alle, die keine Cis-Männer* sind.
8 Lesbian, gay, bisexual, trans, queer, inter- und asexuelle Menschen.