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2025


Kohle Stoppen. Systemwandel Jetzt!

NEWSLETTER KLIMA-ANTIREPRESSION # 27 – April 2025

Hallo,
wir haben diesmal einige Prozesstermine für euch, bei denen solidarische Besuche erwünscht sind, außerdem ein paar Informationen zu Datenspeicherungen bei der Polizei. Viel Spaß beim Lesen!

Inhalt

RHEINLAND
Erkelenz: Solidarische Prozess-Begleitung am 07. Mai
Der Mönch von Lützerath
BlockNeurath: 1,2 Mio. Euro? Pustekuchen!
Lützerath-Soli-Baggerbesetzung vorm Landgericht
Prozess um Blockade gegen Lützerath-Räumung 27.5. Grevenbroich

OSTEN
Einstellung bei Protest gegen Tesla
NORDEN
Update Repression um Tümpeltown
Verkehrswendestadt Wolfsburg? Prozesse um Aktion bei VW

SCHWERPUNKT POLIZEIDATENBANKEN
Auskunftsrechte
Datenbanken bei der Polizei
Daten löschen?

RHEINLAND

Mehrere Prozesse mit Bezug zur Räumung Lützeraths finden demnächst im Revier statt. Und auch im Fall #BlockNeurath gibt es Neuigkeiten.

Erkelenz: Solidarische Prozess-Begleitung am 07. Mai

Im Januar 2024 trafen sich Menschen am Friedhof Holzweiler, um der Zerstörung Lützeraths zu gedenken. Rahmen hierfür war ein Gedenkgottesdienst mit dem bekannten gelben Holzkreuz. Jetzt wird eine Teilnehmerin angeklagt, gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Dabei stellt die Staatsanwaltschaft nicht den religiösen Charakter des Treffens in Frage, sondern unterwirft ein unbestritten religiöses Treffen den Bestimmungen des Versammlungsrechts – obwohl diese im Bundesgesetz explizit ausgenommen sind.

Der Prozess ist öffentlich und die Angeklagte freut sich über solidarischen Support.
07. Mai um 13 Uhr, Amtsgericht Erkelenz

 

Der Mönch von Lützerath

Könnt ihr euch an die Videos und Fotos vom „Mönch von Lützerath“ erinnern? Bilder, wie eine barfüßige Peron in brauner Kutte die Cops in den Matsch schubst, haben vielen von uns die winterliche Räumung versüßt. Inzwischen ist ein Mensch als angeblich dieser „Mönch“ angeklagt und verurteilt worden, begleitet von solidarischen Unterstützer:innen und Beobachter:innen. Berichte vom Prozess und Statements der angeklagten Person findet ihr auf unserer Website, z.B. hier.

Spoiler: „„So wie sich alle gefragt haben, ob Elon Musk einen Hitlergruß gemacht hat, frage ich mich langsam, ob ich wirklich einen Polizisten geschubst habe. (…) Ich finde, ich kann nicht verurteilt werden, wenn man weiß, dass das Video viele Menschen zum Lachen gebracht hat. (…) Nicht ich bin ein Wiederholungstäter von G20, sondern der Staat mit seiner Zerstörung und Gewalt.“

 

BlockNeurath: 1,2 Mio. Euro? Pustekuchen!

Einen Tag vor Fristende reichte RWE dann doch noch die Schadensersatzklage gegen die Aktivist*innen ein, denen vorgeworfen wird, auf den Schienen zum Kohlekraftwerk Neurath angekettet gewesen zu sein und so dafür gesorgt zu haben, dass RWE bis zu 22.000 Tonnen Co2 weniger in die Luft stoßen und 1,4 Millionen Euro weniger Profit machen konnte. RWE fordert jetzt 1,2 Millionen Euro von den vier Personen, die auch strafrechtlich verfolgt werden. Diese setzen sich juristisch zur Wehr und erklären dazu: „Wir wünschen uns, dass RWE und andere Großkonzerne das nie wieder probieren, sei es weil es ihnen nicht passt, ihre dreckigen Geschäfte vor Gericht offenlegen zu müssen oder weil ihnen oder ihrer Kanzlei vielleicht für jeden Euro den sie einfordern, woanders ein entsprechender Sachschaden passiert.“

Mehr Infos in der Erklärung der Betroffenen

 

Lützerath-Soli-Baggerbesetzung vorm Landgericht

Wärend der Räumung von Lützerath wurde im Tagebau Hambach ein Bagger besetzt. Im letzten Jahr standen deswegen mehrere Aktivist*innen am Amtsgericht Kerpen vor Gericht. In der gleichen Sache gab es sowohl Verurteilungen als auch einen Freispruch. Soviel zu der Objektivität von Gerichten.

Nun geht es diesen Spätsommer am Landgericht in die 2. Instanz.

Vorraussichtliche Termine sind der 1. August um 9 Uhr, 26. September um 9 Uhr und 13. Oktober
um 9:30, jeweils am Landgericht in Köln. Wir freuen uns über eine solidarische Prozessbegleitung.

 

Prozess um Blockade gegen Lützerath-Räumung 27.5. Grevenbroich

Am 27.05.2025 um 11 Uhr startet am Amtsgericht Grevenbroich ein Prozess, der sowohl juristisch als auch politisch spannend wird: Angeklagt sind sechs Menschen, die sich in den letzten Tagen der brutalen Räumung von Lützerath 2023 an einer entschlossenen Blockade am Rand der Kohlegrube beteiligt haben. Mit auf der Anklagebank sitzen Aktivisti von Scientist Rebellion und der damaligen Letzten Generation – eine Person reist aus Italien an und wird sich selbst verteidigen & für mehrere Menschen ist es der erste Gerichtsprozess. Besonders bereits im Vorlauf der Hauptverhandlung: Die zuständige Richterin hatte den ursprünglichen Strafbefehl wegen angeblichem Widerstand (§113 StGB) abgelehnt – sie sah in Ankleben keinen Anfangsverdacht bestätigt. Erst nach Druck durch die Staatsanwaltschaft und einer ausführlichen Beschwerde vor dem Landgericht wurde das Verfahren ans Amtsgericht zurückverwiesen. Jetzt soll also verhandelt werden.

Wir freuen uns über solidarische Prozessbegleitung – die staatlichen Repressionsversuche trifft uns
alle!

OSTEN

Einstellung bei Protest gegen Tesla

Im März 2022 protestierten Aktivist*innen am Eröffnungstag der Gigafactory in Grünheide. Ein Schild an der Autobahn A10 wurde mit „DeMUSKieren“ und „Autos raus“ überklebt. Außerdem seilten sich Aktivisti*innen an einem Schild zwischen Freienbrink und Erkner ab. Stundenlang war die Autobahn gesperrt. Drei Angeklagten wurde Nötigung und Straßenverkehrsgefährdung vorgeworfen. Im März 2025 wurde sich nun auf die Einstellung des Verfahrens geeinigt.

 

NORDEN

Update Repression um Tümpeltown

Der EA Leinemarsch informiert über die Repression in Bezug auf Widerstand gegen Räumung und Rodung in der Leinemasch (Hannover) im Januar 2024:

Ein erstes Statement veröffentlichte die Initiative LeinemaschBleibt noch während der Räumung. Erste nachträgliche Repressionsversuche begannen dann ab Sommer 24 mit Vorladungen, einer Hausdurchsuchung und ersten Bußgeldbescheiden. Diese wurden ebenfalls auf der Seite der Initiative (sowie über social media) öffentlich gemacht.

Im weiteren Verlauf gab es längere Statements auf Indymedia in Zusammenarbeit verschiedener
Antirepressionsgruppen:
1. Statement
2. Statement

Seit dem wurde der Vorwurf des Hausfriedensbruchs nach Klage gegen die Hausdurchsuchung weitestgehend fallengelassen, auch schon angesetzte Gerichtstermine wurden abgesagt. Es gab jedoch auch eine Verurteilung und erst kürzlich eine weitere Anklageerhebung.

 

Verkehrswendestadt Wolfsburg? Prozesse um Aktion bei VW

In der Verkehrswendestadt Wolfsburg werden in der kommenden Zeit auch einige Prozesse gegen Personen aus dem Umfeld des „Amsel44-Projekthauses“ stattfinden, aktuell läuft einer dieser Strafprozesse.

Für drei verhältnismäßig harmlose Aktionen versuchte die Staatsanwaltschaft Braunschweig bereits letzten Sommer, Anklage vor dem Schöffengericht (das bedeutet einen Strafrahmen mindestens 2 Jahren Freiheitsstrafe) zu erwirken. Das machte das Amtsgericht Wolfsburg nicht mit, nun fast ein Jahr später findet der Prozessauftakt vor dem Strafrichter statt. Angeklagt sind drei Aktionen: Das Betreten des VW-Kraftwerks-Geländes, die Unterstützung einer Kletteraktion während des Wolfsburger Verkehrswende-Camps 2022 und das Betreten des Gewerkschaftshauses. Am ersten Prozesstag weigerte sich der Richter, einige Anträge entgegen zu nehmen oder das protokollieren zu lassen, laut Presse waren jedoch mal wieder der Angeklagte und seine Anwältin schuld. Fortgesetzt wird der Termin voraussichtlich am 15.5.2025.

Am 12. und 26. Juni sind weitere Prozesse angesetzt, wieder geht es um das Betreten des Krafwerksgeländes.

Wir laden ein die Prozesse solidarisch zu begleiten.

Prozessberichte und Aktuelle Termine finden sich unter https://blog.verkehrswendestadt.de oder
unter https://autofrei.noblogs.org/

 

SCHWERPUNKT POLIZEIDATENBANKEN

Immer wieder fragen Menschen, wo die Polizei die über sie erhobenen Daten speichert und wie lange. Oft können wir da nur sagen, dass wir das nicht wissen, weil das ziemlich willkürlich ist. Aus Erfahrungen wissen wir aber: Wenn Daten einmal gespeichert waren, wurden sie bisher bei Erreichen der gesetzlichen Speicherfristen selten von selbst gelöscht. Wir geben hier einen kurzen unvollständigen Einblick darüber, welche Datenbanken und -speicherungen es so gibt und was Speicherungen dadrin bedeuten können.

Auskunftsrechte

Grundsätzlich habt ihr das Recht, Auskunft darüber zu bekommen, was die Polizei an Daten über euch gespeichert hat. Auf bürokratisch heißt dieser Anspruch „Auskunftsersuchen“. Es gibt online einen Generator, mit dem ihr das passende Schriftstück generieren könnt. Das Schreiben wird mit den jeweils aktuell gültigen rechtlichen Paragrafen ergänzt, die euren Auskunftsanspruch begründen. Es lohnt sich meistens beim Bundeskriminalamt (BKA), der Bundespolizei, dem zentralen Verfahrensregister (von den Staatsanwaltschaften betrieben) und den Landeskriminalämtern nachzufragen. Theoretisch müssen die Landeskriminalämter das dann auch an die jeweiligen einzelnen Polizeidienststellen weiter leiten, praktisch tun sie das manchmal. Mit der jeweiligen Länder-Rechtsgrundlage kann aber auch bei einzelnen Polizeidirektionen nachgefragt werden, was die so haben. Die Auskunft über Daten kann verweigert werden, z.B. wenn die Polizei darin eine Gefahr für ihre Arbeit oder den Staat sieht. Manchmal muss das nicht mal mitgeteilt werden. Wenn so etwas vermutet wird, bleibt nur der Weg über die Datenschutzbeauftragten der Länder oder die Gerichte. Grundsätzlich ist es aber so, dass die Polizei auch viel beauskunftet von dem, was sie so gespeichert hat, es lohnt sich also mal nachzufragen.

Die Anfragen selbst landen nur in einer Vorgangsverwaltung mit relativ kurzen Speicherungsfristen und eingeschränktem Zugriff. Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Polizei oder gar die Staatsschutzabteilung wegen dem Stellen von Auskunftsersuchen auf euch aufmerksam werden (z.B. nachdem ihr anonym unterwegs wart und wissen wollt, ob sie euch gefunden haben), schätzen wir als relativ gering ein.

 

Datenbanken bei der Polizei

INPOL ist das zentrale Informationssystem der deutschen Polizei, betrieben im „elektronischen Datenverbund“ vom Bundeskriminalamt (BKA) und den jeweiligen Landespolizeien. Die Landessysteme laufen teilweise auch unter dem Namen POLAS/POLIS. Das System dient zur Fahndung, Information und zur Recherche. Abgelegt sind beispielsweise Informationen zu Personaldaten, erkennungsdienstlichen Behandlungen (Fingerabdrücke, Lichtbilder), zu bestehenden Kriminalakten (zu Verfahren die durch die Polizei geführt werden), zu Sachfahndungen (von verlorenen Personalausweisen oder gestohlene gemeldeten Gegenständen), zu Fahndungsausschreibungen, Haftaufenthalten, personengebundenen Hinweisen.

Auf all diese Informationen können alle Cops zugreifen, das heißt, wenn ihr kontrolliert werdet und sie euren Namen durchtelefonieren oder in den Computer eingeben, sind das Infos, welche sie erhalten und auf deren Grundlage sie aktiv werden, also z.B. euch einen Platzverweis geben oder euch präventiv einsperren. Dabei sind gerade personengebundene Hinweise relevant. In unseren Kontexten ist das oft etwas wie „Gewalttäter“ (GEWA) oder „Straftäter links motiviert“ (LIMO). Ob ein solcher Hinweis gespeichert wird, ist willkürlich. Manchmal macht die Polizei das im Rahmen der Strafverfolgung, oft aber auch nicht.

Fahndungen können sein, dass die Polizei euch mit Haftbefehl zur Festnahme sucht, das heißt direkt Verhaftung droht bei einer Kontrolle. Darüber hinaus gibt es jedoch Fahndungsausschreibungen zur Kontrolle, das heißt, dass die Polizei, wenn eine Person mit einer solchen Ausschreibung kontrolliert wird, das immer an die ausschreibende Polizeistelle melden muss (also praktisch getrackt wird, wo ihr mal in Polizeikontrollen gelandet seid). Manchmal kann das auch verbunden sein mit einer Kontrolle der mitreisenden Personen oder Durchsuchungen, soweit rechtlich zulässig (also nur wenn sie eine Rechtsgrundlage dafür finden und Motivation dazu haben).

Darüber hinaus gibt es noch verschiedene Verbunddateien, in denen Einträge existieren können, beispielsweise die Verbunddatei „Innere Sicherheit“ oder welche zu linken oder rechten Gefährder*innen. Diese Dateien sind „phänomenspezifisch“, das heißt da hat nicht jeder Cop bei einer Fahrradkontrolle Zugriff, aber (in diesem Beispiel) alle „die mit der Bekämpfung im Bereich der politisch motivierten Kriminalität beschäftigt sind“ schon. Das heißt, dass diese Dateien im Rahmen von Kontrollen von Demonstrationen auch oft abgefragt werden. Gerade in der Verbunddatei innere Sicherheit werden oft Vorwürfe von (politisch motivierten) Straftaten gespeichert, welche euch so gemacht wurden.

Zu allen vom Bundeskriminalamt in diesen Speicherungen beauskunften Sachen gibt es „Datenbesitzer“, in der Regel ist das das jeweilige Landeskriminalamt, welches die Daten eingestellt hat. Wenn ihr wollt, dass Sachen gelöscht werden, müsst ihr das jeweils bei den Datenbesitzer*innen beantragen.

Neben diesen Verbunddateien der Polizeien und darauf aufbauenden Ländersystemen gibt es auch noch Vorgangsverwaltungssysteme der Polizei. Da speichert die Polizei jeden angelegten Vorgang ab, also jede Kontrolle, teils auch jedes Mal wenn sie bei einer Demoanmeldung aktiv werden, wenn sie wen vorladen als Zeug*in oder Beschuldigte, kurzum alles was sie so tun. Das dient angeblich zur Dokumentation und Kontrolle polizeilichen Handelns. Faktisch wird da zwar viel gespeichert, anders als die anderen Dateien tauchen diese Daten aber nicht sofort bei jedem Cop auf, der eine Abfrage macht, das heißt solche Speicherungen sind für unseren Alltag weniger relevant. Auch die Speicherfristen sind kürzer und liegen oft bei 2-3 Jahren (und scheinen bei den Vorgangsverwaltungssystemen eher eingehalten zu werden als beim Rest der Datenbanken).

 

Daten löschen?

Die Polizei löscht sehr ungern Daten und die Löschpraxis ist sehr stark länderabhängig. Oft gibt es sogenannte Aussonderungsprüfdaten, das ist ein Datum, nach dem die Polizei theoretisch prüft, ob die Daten weiter gespeichert werden. Das passiert immer wieder aber auch erst nach Aufforderung, oder z.B. bei einem Auskunftsersuchen, wenn festgestellt wird, dass diese Prüffristen überschritten wurden. Wenn etwas neues hinzugekommen ist an Datenspeicherungen im System behauptet die Polizei oft, dass sie damit einen Grund hat, auch ältere Daten weiter zu speichern, sodass diese nie gelöscht werden. Eine Löschung kann formlos bei der datenbesitzenden Stelle beantragt werden. Wenn die Polizei das dann aber ablehnt, bleibt nur der Widerspruchs- oder Klageweg, der sich teilweise über Jahre hinziehen kann und ein bisschen Energie kostet, aber manchmal Erfolg haben kann.

Ein paar teils ältere Erfahrungsberichte und Artikel zu solchen Auseinandersetzungen um
Datenspeicherungen findet ihr hier:

Solidarische Grüße, AntiRRR


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