Awareness

Vor und nach der Aktion kann sich mit Awareness Anliegen an die aktionsawareness-summit@systemli.org(PGP) gewendet werden
Während der Aktion sind Awarenessbezugsgruppen vor Ort für euch ansprechbar. Ihr erkennt sie an den lila Armbinden und/oder lila Westen.
Bildet Bezugsgruppen und achtet aufeinander.

  1. Was ist Awareness?
  2. Der Begriff “Awareness” kommt aus dem Englischen „to be aware“ und bedeutet (im weiteren Sinne) „sich bewusst sein, sich informieren, für gewisse Probleme sensibilisiert sein“. Wir leben in einer Gesellschaft, die von ungleichen Machtverhältnissen geprägt ist. Menschen werden aufgrund bestimmter Merkmale bevorteilt (Privilegierung) und benachteiligt (Diskriminierung) – ob absichtsvoll oder unbewusst ausgeübt. Awareness stellt sich als Konzept gegen jede Form von Diskriminierung, Gewalt und Grenzverletzung. Verletzendes und grenzüberschreitendes Verhalten, wie z.B. sexistische, rassistische, antisemitische, queerfeindliche, ableistische, klassistische oder andere diskriminierende Übergriffe, werden vor, während und nach der Aktion nicht toleriert.

  3. Warum brauchen wir Awareness?
  4. Die Aktionen bieten Teilnehmer*innen den Raum miteinander zu lernen, sich zu vernetzen und unsere widerständige Bewegung weiter auszubauen. Jedem anwesenden Menschen sollte ein barrierearmer Zugang zu den gemeinsamen Protesten ermöglicht werden. Jedoch ist kein Mensch vorurteilsfrei und diskriminierungsfrei im Umgang mit anderen. Deshalb muss eine bewusste Reflexion darüber bei jeder einzelnen Person stattfinden (Kritische Selbstreflexion). Wir können euch als Awareness-Team diese Arbeit nicht abnehmen. Wir bieten aber an, euch dabei zu begleiten.

  5. Wie funktioniert Awareness Arbeit?
  6. Awarenessstrukturen während der Proteste sind ansprechbar für Menschen, die Grenzüberschreitungen oder Konflikte mit anderen erlebt haben oder ein persönliches Thema haben und sich im Umgang damit Unterstützung wünschen – ihr erkennt diese an lilafarbenden Armbinden und/oder lilafarbenden Westen. Hierbei kann es sich um jegliche Wahrnehmung von Machtgefällen (z.B. cis-männliches Dominanzverhalten), Benachteiligung, Ausgrenzung und die Überwindung aktuter Trigger (aus dem Englischen „Auslöser“ persönlichen Unwohlseins) handeln. Auch für Menschen, die Polizeigewalt erfahren haben, ist das Awarenessteam ansprechbar. Wir arbeiten parteilich und in Solidarität mit betroffenen Personen. Dabei liegt die Definitionsmacht über die erfahrene Gewalt und/oder Grenzüberschreitungen vollständig bei der betroffenen Person.
    Darüber hinaus wird es einen EmPsy (Emotional/ Psychological) Support bei der Küfa (bei der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde) geben, organisiert von „RAZ“ (Hilfsorganisiation). Hier könnt ihr weitere emotionale Unterstützung abseits der Proteste erhalten.

  7. Wie kannst du unterstützen?
  8. Wir als Awareness-Team bieten von Diskriminierung betroffenen Personen konkrete Unterstützung an. Was wir NICHT leisten (können) ist z.B. Konfliktmanagement, Streitschlichtung oder therapeutische Arbeit. Einen sicheren Raum schaffen wir nur gemeinsam und jede*r Einzelne von uns ist verantwortlich dafür, dass das gelingt. Sei also achtsam im Umgang mit anderen Protestteilnehmer*innen und informiere dich bestenfalls auch schon im Vorfeld über mögliche Formen von Diskriminierung. Hier schon einmal eine kleine Zusammenfassung aus dem fabelhaften „Glossar gegen Angst vor Wörtern“ des Missy Magazine: 
        
    „Aus der binären Gegenüberstellung von Emotion und Vernunft, die in der westlichen Denktradition und im Patriarchat seit Jahrhunderten tief verankert ist, folgt eine Gegenüberstellung von „rationalen Expert*innen“ vs. „irrationalen Betroffenen“. Wer als Person von der Dominanzgesellschaft der letzteren Kategorie zugeordnet wird, wird oft nicht ernst genommen, der wird mit Mitleid oder Irritation begegnet, wird misstrauisch beäugt und belächelt“, wird unterschätzt, wird übergangen, der werden ihre Rechte abgesprochen. Das führt zu diskriminierenden Verhaltensweisen in vielen Formen.
    Des Weiteren gilt „check your privilige“:
    Privilegien sind – je nach Kontext unterschiedlich ausgestaltete – Vorteile, die eine Person aufgrund der aktuellen Gesellschaftsordnung genießt. Darunter fallen Positionen wie weiß, männlich, cisgender, mit Kapital ausgestattet oder able-bodied. Je nachdem, welche Ausgangsprivilegien eine Person besitzt, ist es möglich, im Laufe der Zeit weitere Privilegien dazuzugewinnen – zum Beispiel ökonomische oder auch im Sinne von Bildung.
    Hilfreich bei der kritischen Auseinandersetzung darüber weiß zu sein, ist eine von Peggy McIntosh entwickelte Checkliste, ihr findet diese McIntosh-White-Privilege.

  9. Was wir als Awareness uns von euch wünschen:
    • Lauft bitte nicht oben ohne herum und bedeckt euren Oberkörper.(klimacamp-im-rheinland.de
    • Respektiert die Pronomen anderer Menschen und schreibe Menschen niemals aufgrund ihres Äußeren ein Geschlecht zu! Frage Menschen immer, wie sie angesprochen werden
    • Unterlasst rassistische, antisemitische, sexistische, homo- bzw. trans*feindliche, klassistische, ableistische Äußerungen und Schimpfwörter.
    • No Drugs!
      Wir bitten ausdrücklich darum, vor und während der Proteste keine Drogen zu konsumieren. Bei Tabakkonsum, achtet bitte darauf, dass ihr keine Menschen zum Passivrauchen zwingt. Medikamente sind dabei keine Drogen und nicht von der Regel betroffen.
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    • Wir wollen auf in der Aktion keine Partei- oder Nationalflaggen sowie keine nationalen Symbole
    • Bitte verzichtet als weiße Menschen auf die Aneignung von kulturellen oder religiösen Symbolen und Praktiken
    • Bitte macht nicht ungefragt Fotos. Wir wünschen uns einen respektvollen Umgang mit der Privatsphäre und dem Sicherheitsbedürfnis von anderen.  
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    • Geht nicht aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes davon aus, dass ein Mensch eine bestimmte Sprache spricht oder nicht spricht. Wenn deutsch zum Beispiel eure Umgangssprache ist, sprecht bitte jeden Menschen in der Aktion zuerst auf deutsch an, selbst wenn ihr vermutet, dass diese Person eventuell kein deutsch spricht.
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    • Haltet euch zurück, wenn ihr Neugier empfindet, welche Herkunft oder Identität hinter dem Äußeren einer Person steckt. Menschen können selbst entscheiden, was und wann sie etwas Persönliches von sich preisgeben wollen und brauchen dafür keine Mutmaßungen.
    • Wenn ihr als weiße Menschen Filzlocken (locks) tragt, bedeckt sie bitte in Aktionen von Ende Gelände. White Locks sind eng mit kultureller Aneignung verbunden.
    • Seid bitte auch bei anderen kulturellen Symbolen sensibel dafür, ob und wie ihr sie euch aneignet und instrumentalisiert sie nicht, ob bei Ende Gelände und anderswo. Das betrifft zum Beispiel Warbonnets, Bindis, Kimonos und „Afro“-Perücken. Setzt euch mit dem Thema kulturelle Aneignung auseinander.
    • Achtet aufeiander Hier noch einmal ein kleiner Leitfaden zum Check-In innerhalbeurer Bezugsgruppe für vor, während oder nach der Aktion (Quelle: TESLA STOPPEN! Wareness Konzept ab 20.10.24)
      • Wie fühlt ihr euch? (körperlich und emotional). Was beschäftigt euch?
      • Welche Bedürfnisse habt ihr?
      • Was sind eure Pläne für den Tag? Wo seid ihr unterwegs?
      • (Wie) möchtet ihr unterstützt werden?
      • Wie könnt ihr in extremen Situationen unterstützt werden?
  10. Barrieren in der Aktion
  11. Vor der Aktion:
    Wir haben alle Vorurteile über behinderte Menschen. Wir müssen lernen, damit diese Vorurteile weniger werden!
    Wenn du Hilfe brauchst, um zur Aktion zu kommen oder zu gehen, können wir dir helfen.
    Wenn du Fragen oder Sorgen hast, gibt es eine E-Mail-Adresse (barrierenabbau-frackoff@systemli.org). Wir teilen Informationen in leichter Sprache. Wir üben, wie wir Hindernisse während der Aktion entfernen können.

    Während der Aktion:
    Wir wollen einen leiseren Raum machen, um Lärm zu verringern. Alle sollen Handzeichen sehen können. Wir versuchen Treffen während der Aktion verständlich und ohne zu viele Reize zu machen
    Wir versuchen an mögliche Hindernisse bei Entscheidungen und Plänen zu denken.
    Die Polizei hat auch Vorurteile über behinderte Menschen. Die Gruppe muss helfen, wenn etwas passiert und wenn die Menschen Hilfe wollen.
    Die Gruppe, die Hindernisse abbaut, ist vor und nach der Aktion verantwortlich. Während der Aktion helfen die Awareness-Gruppen oder die eigene Gruppe.

    Nach der Aktion:
    Wir müssen auch nach der Aktion an Vorurteile über behinderte Menschen denken.
    Du kannst uns Kritik sagen, die wir ernst nehmen und bearbeiten. Wir müssen immer weiter Hindernisse und Vorurteile abbauen. Es reicht nicht nur bei der Aktion Hindernisse und Vorurteile abzubauen, wir müssen nach der Aktion weiter lernen.

  12. Rahmen zum Thema Israel/Palästina
  13. Wir wollen einen diskriminierungsarmen Raum schaffen, in dem sich alle Menschen wohl fühlen, ihre Kritik an LNG und zu Klimaungerechtigkeiten zu äußern, sofern sie den gleichen und enormen Wert von Menschenleben dabei wertschätzen. Für viele gehört dazu die massiven Ungerechtigkeiten zu thematisieren, die Palästinenser*innen aktuell erfahren, sowie diejenigen die sich für deren Rechte einsetzen. Vor Ort gibt es ein Awareness Team.

    Der Konsens im Aktionsbündnis aus verschiedenen Gruppen orientiert sich inhaltlich an folgender politscher Schlagrichtung: amnesty.de

    Bei Ende Gelände gab es einen langen Prozess zum Thema und einen Konsensbeschluss, der in den nächsten Wochen veröffentlicht und  bisher nur mit Bündnispartner*innen geteilt wird. Kommt dafür gerne auf die Ende Gelände Kleingruppe zu Israel/Palästina zu: kg-israel.palestine@ende-gelaende.org

    Zu Symbolen und Rufen bei den Protesten:
    Palästinensische und jüdische Symbole, wie die Kufiya und der Davidstern sind auf den Protesten gegen den LNG-Summit natürlich willkommen. Auf den Protesten tolerieren wir sowohl die israelische als auch die palästinensische Flagge. Die Flagge, Gesänge, Sprüche, Schriftzüge oder Symbole der Hamas oder anderer religiös-autoritärer Organisationen, sowie die, die ein „Groß-Israel“ propagieren, in dem nicht-jüdische oder palästinensische Menschen keinen Platz haben, tolerieren wir nicht. In diesen Fällen wird das Awareness Team Menschen ansprechen. Wir bitten euch, keine zusätzliche Repressionsgefahr für unsere Proteste zu verursachen und euch daher an die Auflagen der Polizei zum Thema zu halten.

     

  14. Wir sehen uns in der Aktion
  15. Wir wünschen viel Spaß beim Lernen und Erleben in den Protesten und freuen uns darauf, dich dort zu sehen. Du kannst uns zudem Rückmeldungen, Fragen und Anmerkungen zu unserer Awareness-Arbeit per Mail an aktionsawareness-summit@systemli.org schicken. Sehr gern auch mit zeitlichem Abstand zu den Protesten. Diese werden wir dann auch im Nachhinein auswerten und reflektieren.
    Eure Awareness Crew

    Anmerkung: Diese Übersicht entspricht im wesentlichen der Übersicht des Awarenesskonzeptes vom System Change Camp 2023 in Hannover. Wir haben das Konzept übernommen, zu Teilen überarbeitet und angepasst. Das Konzept wurde von einer überwiegend weiß positionierten Gruppe verfasst und von einer ausschließlich weiß positionierten Gruppe überarbeitet. 

 
Quellen:
– Awareness Konzept des SCC 2022
– Awareness Konzept des SCC 2023
– Awareness Konzept des Stop Deportation Camps 2023
– Awareness Konzept des Camp und Aktion Rügen 2023
– Missy Magazine – Unser Glossar gegen die Angst vor Wörtern
– „White Privilege: Den unsichtbaren Rucksack auspacken“ von Peggy McIntosh 1988